Heike Kunter berichtet:

Samstag, 1. Februar 2019

Der letzte volle Tag unserer Reise bricht an. Zwei Dinge haben wir uns vorgenommen:
Andrea und die Schwestern im Krankenhaus St. Joseph in Sô-Tchanhoue zu besuchen und das neue Germanistikinistut an der Universität anzusehen.

Mit den schon bekannten Fahrzeugen der Armee, die Kolawole besorgt hat, geht die Fahrt in Richtung Sô-Tchanhoue. Ein Teil der Reisegruppe kennt bereits Ganvie. Wird es bei Andrea genauso aussehen?

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Erst einmal ist bereits die Anfahrt länger. An der langen, holprigen Zufahrtsstraße stehen solarbetriebene Straßenlaternen. Solarbetrieben? Von der Hälfte haben die Module einen anderen Verwendungsort gefunden. Solarstrom ist jetzt vielerorts begehrt.
In Sô-Ava steigen wir um in einen großen Kahn. Die Fahrt dauert etwa eine halbe Stunde. Kaum vorstellbar: über diese Entfernung holen die Schwestern alle 6 Tage 875 l Wasser. Viel? - Rechnen wir mit: 875 l : 6 Tage : 4 Schwestern = ca 35l pro Tag/Person für duschen, Toilette, waschen (Körperteile, Wäsche, Geschirr, ...), putzen, kochen, ... . Würden wir damit auskommen?
Für eine Wasserleitung ist der Weg zu weit und damit zu teuer. Sô-Tchanhoue ist ja kein Touristenort wie Ganvie, der eine Wasserleitung zum Festland hat. Der Wasserturm in der Nähe ist gut gemeint - funktioniert aber nicht. Selbst in großen Tiefen ist das Wasser zu schlammig. Also schleppen.

In der Regenzeit wird die kleine Insel regelmäßig überschwemmt. Auf löchrigen Stegen gehen wir zum Hauptgebäude und weiter zu anderen Abteilungen. Überall warten Patienten auf Behandlung.

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Heute ist Ultraschalltag. In der Maternité, der Geburtshilfestation warten werdende Mütter geduldig auf ihre Vorsorgeuntersuchung. 240 dieser kostenlosen Untersuchungen konnten in dem 3/4 Jaht seit Inbetriebnahme durchgeführt werden. Aber stationäre Geburten konnten sich nur 40 Mütter leisten. 5 Euro sind bei Durchschnittslöhnen von mtl. 35 Euro und großen Familien zu teuer. 

Im Kreißsaal stehen drei Untersuchungsstühle - es können aber nur zwei Geburten zeitgleich stattfinden. Das nächste Bauvorhaben ist daher ein größerer Kreißsaal.
Mit Glühlampen haben die Schwestern ein kleines Wärmebett gebaut. Es gibt ein kleines Solarmodul und einen mit Diesel betriebenen Generator. Diesel ist teuer - also meist ist kein Strom da. 

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Verläuft eine Geburt nicht reibungslos, muss die gebärende Mutter mit Kahn und Krankenwagen zum Krankenhaus nach Cotonou gebracht werden. Selbst bei schnellem Verlauf dauert die Fahrt etwa 2 1/2 bis 3 Stunden.

Die Sterblichkeit der Mütter und Säuglinge ist hoch. Starker Blutverlust, Infizierung mit Keimen sind neben Problemgeburten die Hauptursachen. Dazu kommt der Aberglaube bei den ungebildeten Menschen auf dem See. Bei Problemgeburten gilt die Mutter oft als verhext. Mutter und Kind werden aus der Gemeinschaft verstoßen. Bei einer Steißgeburt wird der Säugling getötet, wenn ihn kein Verwandter rettet.
So ein kleiner Junge liegt im Kindersaal und wird von den Schwestern aufgepäppelt. Sein Großvater hat ihn den Schwestern gebracht. 

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Ein anderer Großvater hat Bernadette zu den Schwestern gebracht, nachdem die Mutter gestorben und das Mädchen getötet werden sollte. Inzwischen konnten die Schwestern den Vater ausfindig machen und ihm das Mädchen in Obhut geben.

Die Menschen sind so arm, dass sie um das Wenige kämpfen müssen, dass sie selbst für ihre Familien brauchen. Für soziales Handeln außerhalb des engsten Familienkreises ist kein Platz. Die Schwestern gelten als reich, besonders wenn sie Zuwendungen aus Europa erhalten. Unsere Hilfe muss daher abgestimmt und mit viel Fingerspitzengefühl erfolgen. Die Menschen müssen sehen, dass alles, was die Schwestern bekommen, dem Krankenhaus und den Patienten hilft.

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